Thursday, 18 October 2007

diese funkstille

War einem unglücklich glücklichen Zustand permanenter und absichtlicher geistiger Abwesenheit geschuldet. Die Verweigerung, zu denken. Das Hirn abschalten. Mal ganz einfach Frau sein. Aber Spaß beiseite. Ich bin wieder da und über das Entsetzen über das baldig endende Studium hinweg.
Und es geht weiter. Denn: Man muss maulen. (Endgame, Samuel Beckett)

Übrigens: Zwar gibt es zuhause noch nicht wieder Internet, aber ab und zu kann man sich das Gefasel auch in bewegten Bildern anschauen. Zwar kein Porno, aber immerhin: www.youtube.com/schafproductions

Tuesday, 17 April 2007

komm, geh tanzen.

Schwule wollen nicht schwul sein, sondern so spießig und kitschig leben wie der Durchschnittsbürger. […]Ihre politische Passivität und ihr konservatives Verhalten sind der Dank dafür, dass sie nicht totgeschlagen werden. (Zitat aus Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt)
...
Ehe, Adoption, Priesterschaft? Fast schon das Wahlprogramm der CDU. Alles gut, alles richtig – wenn auch vielleicht ein bisschen wenig. Einmal im Jahr aber wird gezeigt, wie wenig spießig (und wie kitschig) die LGBT-Bewegung sein kann. Dann gibt es wieder einen Tag lang alternative Lebensformen, die man so nicht aus dem Biologieunterricht kannte. Auch dieses Jahr steht die große CSD-Saison wieder an. Wieder werden Hunderte, Tausende, Hunderttausende mit pinker Federboa oder lila Latzhose auf die Straße gehen. Und hinterher werde ich mir wieder Blogeinträge, Webseiten und Kommentare durchlesen und mich ärgern, dass ich es schon wieder verpasst habe: Alkohol, Partys, Sex und das Wissen, dass irgendwo im vorhinterletzten Kaff doch noch eine alte Dame geschockt war. Danke, CSD. Aber wer bist Du eigentlich?

Wikipedia sagt mir:
Christopher Street Day
(CSD) ist ein Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und deren Unterstützer. Gefeiert und demonstriert wird für die Rechte dieser Gruppen sowie gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.

Ach ja? Wenn ich mal so ketzerisch fragen darf: Demonstriert ihr noch oder feiert ihr schon?
Gestern Abend hatte ich ein kurzes Gespräch mit Sesam*. Ich fragte, warum der CSD so gut wie keine politische Aussage mehr habe. Ob es nichts mehr gebe, wofür es sich zu demonstrieren lohnt. Vor allem aber, warum das noch Gay-Pride-Parade heißt.
Liebe Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und andere: Worauf seid ihr stolz? So als völlig (ähem) unbeteiligte Person frage ich mich das manchmal. Schwul sein alleine ist wohl kein Grund, stolz zu sein. Genauso wenig wie Frau sein. Die Rechte, die ihr heute habt, für die haben Generationen vor euch gekämpft. Die sollten inzwischen eigentlich selbstverständlich sein, und so behandelt ihr sie auch – auch wenn sie es leider immer noch nicht sind. Ein Blick nach Polen, auf die katholische Kirche und manche Debatte genügt. Wer will, darf sich auch noch weiter in der Welt umschauen.
Stolz? Auf das Erreichte – sicherlich.
Reicht das? Ich denke nicht.
Warum nicht? Weil die rechtliche und soziale Situation von LGBTs, die Einstellungen ihnen gegenüber und ihre Wahrnehmung mehr sind, als einfach nur eben das.
Die LGBT-Bewegung ist hier in Deutschland eine der am bestorganisierten, meistgehörten ‚Minderheiten’/ ‚Randgruppen’/ (Hier beliebige furchtbare Bezeichnung einfügen). Zumindest könnte sie es sein. Rein infrastrukturell. Sie setzt sich aus Menschen mit den verschiedensten sozioökonomischen Hintergründen, verschiedenen Bildungsgraden und Lebensentwürfen zusammen. Das hat Vorteile.
Dumm gefragt: Warum ist nicht die Immigrantin (das unbekannte Wesen) Bürgermeisterin von Berlin? Schließlich gibt’s da doch auch viele von dort… Also nicht, dass Herr Wowereit jetzt erfolgreicher Politiker wäre, weil er schwul ist. Westerwelle auch nicht. Aber die sind halt Politiker. Wo sind denn Immigranten, Arbeitslose, Menschen geringeren Bildungsgrads? Wo sind deren Paraden? Deren Clubs? Dass es die nicht gibt, liegt auch zum großen Teil daran, dass sich diese Gruppen eben nicht als solche sehen – sie aber trotzdem von außen so wahrgenommen werden. Und da denke ich haben die LGBTs schon etwas voraus und deshalb letztendlich auch eine gesellschaftliche Rolle, die sie nun ausfüllen können oder auch nicht. Man scheint sich in weiten Teilen für das oder-auch-nicht entschieden zu haben.
Nein, Schwule müssen nicht für die Rechte von Immigranten, Behinderten oder anderer Benachteiligter streiten. Ihre eigenen Rechte wären schon mal ein guter Anfang. Die Summe und die Teile, ihr wisst schon.
Ist aber nicht so. Man macht sich hübsch, geht saufen, tanzen, feiern. Völlig okay – nur könnte man dabei nicht wenigstens (pro forma) ein paar Parolen grölen? (Ihr könnt auch pro forma auf einem Kondom bestehen und es pro forma benutzen. Das hilft dann nämlich trotzdem.)
Sesam erklärte mir, er persönlich fühle sich als Schwuler hier nicht diskriminiert, warum also solle er mit diesem feiernden Pack dort um die Häuser ziehen, wenn das gar kein Interesse an Politik habe. Verständlich. Ich fühle mich auch als Frau nicht diskriminiert. Oder kann mich dagegen wehren. (Hm...)
Ich weiß aber, dass es Diskriminierung gibt, an allen Ecken und Enden – und die sind gar nicht weit entfernt. Ich weiß auch, dass das die meisten Frauen nicht interessiert – die Frage, warum ich für die Rechte eines Mädels eintreten soll, dass es total okay findet, wenn ihr Freund sie ‚Bitch’ nennt und sich einen Dreck um ihre Meinung schert, die Frage stelle ich mir auch öfter. Und warum sollte ich es scheiße finden, wenn ein Prof Frauen schlechtere Noten gibt, weil die sowieso nicht denken können, wenn seine Studentinnen sich nicht daran stören. Ist ja nicht mein Prof. Warum soll ich mich mit einer breiten Masse von pseudoemanzipierten Tussen solidarisieren, die finden, dass ein entschuldigendes Grinsen nach dem Griff unter den Rock den Tatbestand der sexuellen Belästigung entkräftet? Dass das Recht auf Beine breitmachen und Pille die Haupterrungenschaft der Frauenbewegung ist? Warum? Weil sie zufällig auch eine Muschi haben?
Nein. Nicht deswegen. Sondern weil das oben beschriebene Verhalten schlichtweg inakzeptabel ist – egal, ob die betroffenen Damen damit einverstanden sind, oder nicht. Das tut nämlich nichts zur Sache. Im Englischen gibt es den Ausdruck des ‚informed consent’, und meines Erachtens nach sind dazu viele Leute entweder nicht in der Lage oder willens. Consent, yes. Informed, no.
Auch wenn sie es mit anderen machen, ist es nicht okay. Irgendwann sind wir dran. Wie kommt’s dass ich nicht derjenige sein möchte, der aufgrund seiner anatomischen Merkmale weniger verdient, seltener in Managementpositionen kommt, in der Straßenbahn von vier Sehrspätpubertierenden als Freiwild betrachtet wird, an dem man ungefragt in der Anonymität der Masse seine unteren Körperregionen reiben darf, dessen Meinung nur gehört wird wenn genehm, der in Diskussionsrunden übergangen wird, dessen Intelligenz nach der prozentualen Erfüllung von Schönheitsidealen beurteilt wird…
Und da, finde ich, geht es doch anderen Interessengruppen nicht anders. Idioten gibt es überall, mehr als genug. Schwul sein, Frau sein schützt davor leider nicht. Aber sich deswegen selbst zu einem zu machen? Ich weiß ja nicht…
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn der CSD, euer Aushängeschild, nur noch eine hypersexualisierte Tanzveranstaltung ist, dann kann es gut sein, dass er in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen wird. Um eine Botschaft zu verbreiten müsste man schon mal das Maul aufmachen. (Und nicht zum saufen.) Guten Tag.

* (Name vor der Reaktion geändert)

feminismus. war was?

Eigentlich habe ich ja immer gedacht: Feministin sein. Nee, das ist scheiße. Schließlich habe ich mir Sprüche wie Kampflesbe, Emanzenweib und Männerhasser lange genug angehört. Das muss echt nicht, wie es so schön heißt. Außerdem sind wir ja alle emanzipierte, aufgeklärte Frauen - wir würden uns so schnell ja nichts mehr sagen lassen. Sagen wir doch alle, alle Nase lang.

Leider, leider machen es mir meine weiblichen Mitbürger meiner Altersklasse wirklich nicht leicht, ihnen zu glauben. Die ersten Zweifel kamen mir beim Studium des alltäglichen Balzverhaltens meiner Kommilitoninnen, das in einer Seminarsdiskussion doch eher wenig verloren hat.

Seit heute aber weiß ich es sicher: Ob dritte oder vierte Welle, das ist eigentlich egal. Und es darf sich nicht nur gegen die Männer richten.* Denn der Feind ist unter uns und kommt - wer hätte es gedacht - zum Beispiel auch in Form einer Girlgroup.

Die heißt Bisou, besteht aus drei Gören, die bei Popstars rausgeflogen sind (Was wirklich nichts über ihr Talent aussagt), und die jetzt von Bushido gecastet wurden. Alles nicht so schlimm. Die Welt braucht wirklich mehr Girlgroups, und wenn Bushido so was macht, dann kann das bestimmt auch noch ganz lustig werden.

Leider aber dürfen die Mädels nicht nur singen und ihren Hintern zeigen (was ich so rein feminismustechnisch völlig unbedenklich finde), sondern sie geben auch Interviews. Und wie wir ja alle wissen, braucht eine Frau ja nur den Mund aufmachen, damit der Schwachsinn wieder rauskommt, der über Jahre hineingeschoben wurde. Das sieht dann so aus.

Auszug aus teleschau und Bisou im Gespräch
teleschau: Ihr seid auch auf Bushidos Label ersguterjunge - eigentlich ein hartes HipHop-Label…
Elvira: Wir sind auch die einzigen Mädels, die auf dem Label vertreten sind. Deswegen sind wir auch deren Püppchen.
teleschau: Das heißt?
Eliana: Wenn wir backstage bei "The Dome" sind, dann laufen wir vorneweg in unseren Röckchen, und hinter uns zehn Männer, die aussehen wie Schränke. Die lassen uns nicht eine Sekunde aus den Augen. Wenn wir aufstehen, um nur mal eben zur Toilette zu gehen, heißt es gleich: "Hey! Wo gehst Du hin?" Das ist cool. Da fühlt man sich total sicher.

Muss man dazu jetzt noch was sagen? Ist das nicht ein bisschen wie Vogonenlyrik?

Die Girlgroup auf dem HipHop-Label, da ist uns ja allen klar, dass das nicht passen kann. Schließlich klingen sie ja auch ein bisschen wie Xavier Naidoo und wurden von Bushido gecastet. Was also machen die da? Der Zusammenhang ist mir nicht klar. Egal, jetzt ist es passiert.

Aber wenigstens sind sie die einzigen Frauen da. Vielleicht hatten alle anderen Musikerinnen keinen Bock Püppchen genannt zu werden und sind bei anderen Labels. (Diese Verniedlichungsform eines unbelebten Objekts fände ich persönlich schwierig. Vielleicht möchte ich dann doch lieber Nutte genannt werden, die zahlen wenigstens Steuern.)

Andererseits hat so ein Püppchenstatus ja auch immense Vorteile, die ich immer wieder gerne übersehe. Wenn ich in meinem Röckchen durch die Gegend laufe, dann folgen mir einfach keine zehn Schränke (Unbelebte Objekte, die u.a. der Aufbewahrung von Puppen dienen), die mich keine Sekunde aus den Augen lassen. Das schränkt mein Sicherheitsgefühl natürlich stark ein. Denn wenn ich mal ehrlich bin, hätte ich doch nichts lieber als drei Kerle, die sich bei der kleinsten Bewegung vor mir aufbauen und fragen: „Hey, wo gehst du hin?" Dann könnte ich zum Beispiel antworten: Ich gehe meinen Tampon wechseln. Ich gehe mir den Finger in den Hals stecken. Ich gehe einen Schwangerschaftstest machen. Ich gehe mal eben meinen Lippenstift nachziehen und lerne derweil das BGB auswendig. Bleib du solang hier stehen.

Nein, nein. Das ist ja alles nicht schlimm. Alles nicht so schlimm, wie es klingt. Schließlich hat man in Zeiten des Terrorismus und des wiederauflebenden Machismo ja auch diverse, diffuse Ängste auszustehen. Aber mal ehrlich, Mädels, was ihr da sagt hört sich in Normalsprache in etwa so an:

Ich finde es gut, dass ich dort nicht als Musikerin/Sängerin gesehen werde, sondern als exotisches Objekt. Wir sind sozusagen die Haustiere und Maskottchen dieses elitären Clubs. Auf uns muss man aufpassen, denn in unseren kurzen Röckchen wirken wir sexuell attraktiv. Diese sexuelle Attraktion muss in geregelte Bahnen gelenkt werden, denn sonst könnte so ein Schrank von einem Mann kommen und uns ansprechen. Deshalb werden wir von zehn anderen Schränken bewacht. Und kontrolliert. Überall. In jeder Situation. Denn es obliegt nicht uns, zu entscheiden, was sicher ist und was wir tun. Wir finden das gut. Das wollen wir. Denn wenn Männer auf uns aufpassen, müssen wir keine Angst vor Männern haben.

Ich glaube, Kampflesbe und Emanzenweib sind wirklich keine Beleidigungen. Und Männerhasserin ist schlichtweg üble Nachrede. Das kann man doch bestimmt verklagen.

* Was, liebe Männer, der Feminismus bis auf einige (fehlgeleitete) Ausnahmen auch nicht tut. Naja, und wenn ich mal ehrlich sein darf: Verdient hattet ihrs ja schon. Ich relativiere das jetzt auch nicht. Ich meine dich. Genau dich. Hinterfrag dich mal bitte ab und zu. Wie portraitieren deine Videospiele und Pornos Frauen? Stimmen deine Vorstellungen über weibliche Sexualität mit der der Frauen überein? Wie redest du und wie lässt du deine Kumpels über Frauen reden? Was für ein Weltbild ergibt sich daraus? Gibt es dort vielleicht eine kleine Diskrepanz zwischen gelebtem und gefühltem Frauenbild? Falls du alleine nicht weiterkommst: Eine Freundin deines Vertrauens hilft dir bestimmt gerne weiter. Und für die Englischsprechenden noch eine schöne Anregung:

glumbert.com - Killing Us Softly: Advertising's Image of Women

Sunday, 15 April 2007

for starters

Alternatives are created underground, but in the presence of the enemy one must be supplied with an armory of bon mot. (Alyn Pearson)